14. November 2007

Tutanchamun im Glaskasten

"Er war ein gut aussehender Junge mit einem schönen Lächeln und Hasenzähnen." So beschreibt Mustafa Wasiri, Direktor der ägyptischen Ausgrabungsstätte Tal der Könige den Leichnam des Pharao Tutanchamun, der in seinem Grab seit Anfang November nun der Schaulust des Touristenpublikums ausgesetzt wird. In einer klimatisierten Glashülle soll die Mumie des Pharao vor Zerfall und Zerstörung geschützt werden.
Aber warum muß die Hülle durchsichtig sein? Doch offensichtlich nur, um mehr Touristen anzulocken und deren Sensationsgier zu befriedigen. Kristina Bergmann schreibt im Feuilleton der "Neuen Züricher Zeitung", "dass die Ausstellung der Mumie an billige Sensationslust, an abstoßende Enthüllung, ja an Leichenschändung grenzt." Dabei hatte der Totenkult der alten Ägypter genau dies nicht zum Anliegen; die Toten sollten "sicher und gut begleitet in die andere Welt fahren" und nicht zu einer willkommenen Geldquelle für die Nachkommen werden. Spiegel-online: "Das in den Jahrtausenden schwarz gewordene Gesicht soll Touristen in das Tal der Könige im ägyptischen Luxor locken."


Noch ein anderer Aspekt beschäftigt mich, wenn ich die Bilder des toten Pharao sehe: Immer öfter und mit großer Intensität werden unsere Mythen und Geheimnisse entzaubert und in das Licht der Öffentlichkeit gerissen, aus Sensationslust und Geschäftssinn. Da wird z. B. die Titanic aus ihrem Dauerschlaf auf dem 4000 m tiefen Meeresgrund geweckt und gnadenlos ausgeschlachtet. Für ca. 35.000 € ist es möglich, in einer Kapsel zum Wrack hinab zu tauchen. Ken Marschall´s atemberaubende zeichnerische Darstellungen zeigen auch das nicht Sichtbare auf dem Meeresgrund und machen es zum banalen Bestandteil der medialen Sensationen. Eines der großen Geheimnisse, die Kinder und jung gebliebene Erwachsene so lieben, waren Suche und Entdeckung des Felsengrabes des Pharao Tutanchamun. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr mich als Schüler die Schilderungen der Archäologen über die Ausgrabungen fesselten (in der Kreisbibliothek Mühlhausen hatte mein
großer Bruder ausgeliehen und mich mit lesen lassen: Howard Carter, Arthur Mace: Tutanchamun. Ein ägyptisches Königsgrab. 3 Bde. Leipzig 1927).
Die drei Bände haben mich mehr gelehrt über das Pharaonenreich als all die heute erhältlichen Prachtbände; sie waren authentisch und zeitnah, bei allem blieben Dunkel und Mysterium erhalten und faszinierte. Heute aber wird alles, auch ein Leichnam, ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt und takt- und rücksichtsloser Schaulust preisgegeben.

Nameskartusche des Tutanchamun:links der Thronname: NEB-CHEPERU-RE (Herr der Erscheinungsformen ist Re)
rechts die Namenskartusche: TUT-ANCH-AMUN (Lebendes Abbil
d des Amun)

7. November 2007

Ein Fest der Farbe im Garten geht zu Ende

Seit gestern regnet es und stürmt und damit geht das farbige Herbstfeuerwerk in unserem Garten für dieses Jahr zu Ende. Besonders auffallend jedes Jahr die großen Kostbarkeiten, die Fächer-Ahorne. Immer wieder fasziniert die Veränderung: aus einem dunkelgrünen Sommerblatt (Acer palmatum 'Osakazuki') innerhalb kurzer Zeit im Oktober leuchtend karminrote Blätter entstehen zu sehen, die im Garten weithin sichtbar sind und den Blick auf sich ziehen. Wir haben verschiedene Fächer-Ahorne direkt an der Terrasse am Haus und die beiden rot und grün gefärbten Schlitzahorne an der Terrasse am Gartenhaus gepflanzt, so dass man sie aus nächster Nähe bewundern kann. In Nachbarschaft von großen Steinen wirken sie besonders schön.

Acer palmatum 'Katsura' ist eine Zwergform, bei uns aber schon fast 1,00 m hoch; im Austrieb bronze/orange, im Sommer hellgrün und mit leuchtend orange Herbstfärbung mit vielen Farbnuancen.

Acer palmatum 'Osakazuki' (1998 von H. Hachmann bezogen) mit unübertrefflicher Herbstfärbung in karminrot.

Acer palmatum 'Dissectum Garnet' mit dunkelroter tiefgeschlitzter Belaubung, die dann im Oktober/November zu einem glühenden Rot wechselt.

Der rote Fächer-Ahorn Acer palmatum 'Atropurpureum' (1996 gepflanzt neben einem großen Findling) hat ebenso wie der zierliche Acer shirasawanum 'Aureum' bereits letzten Monat seine Blätter verloren. Alle anderen sind dieses Jahr etwas spät dran, aber der Sturm heute und der Regen werden sie wohl auch entblättern. Allerdings sind sie durch ihre Rinde auch "nackt" interessant anzusehen.

5. November 2007

Bernhard Auge in Weimar

Vor gut 30 Jahren verließ Bernhard Auge Weimar nach Schikanen und Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht. Bis dahin gehörte er zur Jazzfamilie in Weimar und spielte viele Jahre im Hotel "Elephant".
Legendär waren die Freitagabende im Kaminzimmer bei Kerzenlicht und mit Swing, anfangs unter anderem auch mit dem "Schmitz-Trio". Vergangenen Sonnabend trafen wir uns nach über 30 Jahren wieder zur "öffentlichen Probe" im Ilmschlösschen, gemeinsam mit vielen gleichaltrigen Jazzfans. Die TLZ spricht von einem "Klassentreffen", natürlich, da ausschließlich Fans aus den 60er Jahren den bereits von den Bauhäuslern für ihre Faschingsfeiern genutzten Saal bevölkerten.

Bernhard Auge und Capo Mayer am Baß:


Ken Stewart am Schlagzeug:

Die gespielten Titel - überwiegend Evergreens aus dem klassischen Jazz-Themen-Repertoire - bewiesen wieder einmal ihre swingende Kraft und musikalische Originalität. Und man erinnert sich mit Wehmut, daß es in den 60er Jahren so viele Möglichkeiten in Bars und Tanzcafe´s gab, auch und vor allem in Weimar, um solche Musik zu hören und danach zu tanzen. Leider ist diese Kultur nicht mehr präsent; immer noch präsent aber ist diese Musik.

Solcherart "Klassentreffen" schaffen aber immer auch überraschende Begegnungen: diesmal freute ich mich auch Heini Lindauer wiederzusehen, den Mann mit der ersten elektronischen Orgel in Weimar - selbstgebaut und mit Röhren bestückt - was für ein Klang!
Hier ein Bild vom HAB-Fasching mit der
"Jansig-Combo" 1961 und Heini heute:













(Übrigens: Der Mann am Baß - im Hintergrund verdeckt - ist Bernhard Auge!)
Am Sonnabend gab es noch eine kleine Überraschung: Bernhard Auge hatte ein 1807 gedrucktes, von Großherzog Carl August genehmigtes Gesangbuch mitgebracht, das von der Ilmschlösschen-Wirtin Christine Klostermann der Herzogin Anna Amalia Bibliothek als ein "Bausteinchen" übergeben werden soll.

Alle Fotos: Peter Rost